Der Krieg und der soziale Krieg gegen die Bevölkerung
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„Die Zeiten des Krieges sind nicht die Zeiten für Forderungen“, so ein Credo von Olaf Scholz, wobei der Bundeskanzler die Gewerkschaften schon im Vorfeld mahnte, maßvoll – also mit Reallohnverlusten – in die nächsten Tarifverhandlungen zu gehen. Was uns mit Inflation, Arbeitszeitverdichtung, Reallohnverlusten, steigenden Mieten und Energiekosten ohnehin schon seit Jahren zugemutet wird, erhält im Zuge des Krieges in der Ukraine eine ganz neue Dimension. Der deutsche Kanzler schwört seine Bevölkerung auf harte Zeiten ein und das, obwohl alle Welt – außer vielleicht Annalena Baerbock – beteuert , dass Deutschland gar nicht am Krieg beteiligt und schon gar keine Kriegspartei sei.
Nichtsdestotrotz lassen sich in Kriegszeiten gute Geschäfte machen – die Gewinne der Energiekonzerne und Waffenproduzenten sprudeln – aber vor allem lassen sich in Kriegs- und Krisenzeiten unliebsame Reformen durchsetzen. Die harten Zeiten machen‘s möglich, denn schließlich muss man in solchen Zeiten den Gürtel enger schnallen – zumindest der oder die Otto Normalbürger:in. Während für Rüstungs- und Militärausgaben ein Schattenhaushalt von mehreren Hundert Milliarden Euro aufgelegt wird, beruft sich die Bundesregierung bei der Kaputt-Sparung der öffentlichen Infrastruktur auf die Schuldenbremse, die man ja schließlich einhalten müsse – auch und gerade in Notzeiten.
Was dabei droht, wollen wir Euch anhand der Krankenhaus-Reformplänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach kurz skizzieren.
Nach Einführung der Fallpauschale, an der Lauterbach damals selbst entscheidend mitgewirkt hatte, erkennt der Gesundheitsminister nun, dass wir „seit 20 Jahren eigentlich ein System [haben], was nicht wirklich gut funktioniert“, weshalb er jetzt ein ein neues Reformmonster aus der Taufe hebt. Lauterbachs Pläne sehen dabei einen radikalen Kahlschlag vor. In Baden- Württemberg zum Beispiel sind mit der „Lauterbach-Reform“ 140 Kliniken (von 202) von Schließung bedroht (Krankenhausgesellschaft Baden-Württemberg). Nach Schätzungen von Chefärzten werden in Berlin noch 10 Krankenhäuser mit 7.500 Betten verbleiben – heute sind es 90 Einzelkliniken mit 22.500 Betten (Bericht im Tagesspiegel, 1.2.2023).
Dabei wird das Herzstück der marktradikalen Fallpauschale durch eine weitere Ökonomisierung der Gesundheitsleitungen ersetzt. Mehr Fälle in weniger Kliniken, dafür effizienter abgearbeitet.
Dass das ein Krieg der marktwirtschaftlichen Gesundheitsvorsorge gegen die Bevölkerung ist, dürfte offensichtlich sein. So beschuldigt die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Regierungen in Bund und Ländern, dass schon heute eine „Marktbereinigung“, über einen „kalten Strukturwandel“ durch Klinikpleiten durchaus „politisch gewollt“ sein könnte.
Das Fehlen von Arzneimitteln besonders für Kinder will Lauterbach über höhere Profite für die Pharmaindustrie durch Verteuerung der Medikamente überwinden. Die fehlenden Kinderärzte will er über die Umbesetzung von fachfremdem Pflegepersonal aus dem ebenfalls unter akuter Personalnot leidendem Erwachsenenbereich ersetzen, wobei manche Kliniken in Zukunft ohnehin nur noch von Pflegepersonal geleitet werden sollen. Die Spezialisierung auf wenige Leistungsgruppen und eine hohe Zahl von Fällen soll erzwungen werden.
Ein Druck zur einer weiteren brutalen „Ökonomisierung“ der öffentlichen Gesundheitsvorsorge, wie es sie noch nie gegeben hat. Ein Druck, der aber bereits heute schon wirkt. Allein in Berlin droht die Schließung von vier Krankenhäusern im Innenstadtbereich und das obwohl die Notaufnahmen der bestehenden Kliniken schon heute überzulaufen drohen und das Personal am Limit ist.
Was über Jahrzehnte aufgebaut wurde, wird nun vorsätzlich zerstört. Was uns allen gehört, weil wir alle daran mitgebaut haben, soll uns nun genommen werden.
Dagegen regt sich Widerstand. Schon im letzten Jahr haben sich die Beschäftigten von Vivantes und Charité einen Tarifvertrag Entlastung erkämpft. Ziel war „mehr Personal“ durch Neueinstellungen. Inzwischen zeigt sich allerdings, dass die Geschäftsführungen lieber Betten sperren, als neue Kräfte einzustellen.
Als die Pläne für die Schließung des Wenckebach-Klinikum bekannt wurde, haben sich Bürger:innen und Beschäftigte gemeinsam zur Wehr gesetzt. Die Geschäftsführung hat die Schließung angeordnet und jetzt wird eine Bedarfsplanung durchgeführt.
Das Bündnis »Heizung Brot und Frieden« erklärt sich solidarisch mit dem Kampf der Belegschaften in dem derzeitigen Tarifkampf im Öffentlichen Dienst und wird die Forderungen und Aktionen solidarisch unterstützen.
Stoppt den sozialen Kahlschlag, stoppt den sozialen Krieg gegen die Bevölkerung, genauso wie den Krieg in der Ukraine.
Aufrüstung und Militarisierung der Gesellschaft und Abbau der öffentlichen Infrastruktur sind Ausdruck ein und derselben Politik. Der Krieg und der soziale Krieg gegen die Bevölkerungen gehören zusammen.
Deshalb Keine Waffenlieferungen in die Ukraine! Verhandlungen jetzt!
Zu folgenden Veranstaltungen und Aktionen rufen wir auf:
- 16.02., 19.00: „War das schon der heiße Herbst?”, Seminarraum 3059 im Hauptgebäude der Humboldt Universität, Unter den Linden 6
- 17.02., 19.00: “„Heißer Herbst“ und kalter Winter? – Eine Auswertung der Proteste gegen Preissteigerungen”, Versammlungsraum Mehringhof, Gneisenaustr.2a
- 24.02., 17.00: Kundgebung der Berliner Friedenskoordination, Brandenburger Tor,
- 25.02., 14.00: Kundgebung „Für Verhandlungen statt Panzer“ von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, Brandenburger Tor.
- 04.03., 14-18.00: Diskussionsveranstaltung: Waffenstillstand sofort! – Nein zum Krieg – Nein zum sozialen Krieg gegen das Volk, KIEZRAUM auf dem Dragonerareal, Mehringdamm. 10963 Berlin, mit
– Sevim Dagdelen, MdB, Die Linke
– Harri Grünberg, Bundesvorstand aufstehen
– Alexander King, MdA, Die Linke
– Uwe Hiksch, Bundesvorstand Naturfreunde
– Peter Witt, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Berlin Tempelhof-Schöneberg
– Marcus Staiger, Heizung, Brot & Frieden
– Carla Boulboullé, Redaktion „Soziale Politik & Demokratie“
– Barbara Majd-Amin, Friedenskoordination Berlin
– französische Vertreter*innen der POI (Unabhängige Arbeiterpartei) und der LFI („Unbeugsames Frankreich“, Bewegung von Mélenchon